Psychotherapeut*in ׀ non-binär
25 Jahre Praxiserfahrung
Psychotherapeut*in ׀ non-binär
25 Jahre Praxiserfahrung
Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie in Charlottenburg
Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin
Kassenärztliche Vereinigung Berlin
Institut für Körperpsychotherapie
Dr. phil. Manfred Thielen, Berlin
« Gehen Sie nach der Optik…»
Harald Martenstein
Jede Therapeut*in kann ihre Patient*innen nur so weit bringen, wie sie selbst gekommen ist. Jeder Entdecker kann nur von dem authentisch berichten, was ihm selbst begegnet ist. Und jede Meisterin kann nur das erfolgreich vermitteln und lehren, was sie selbst verinnerlicht hat und beherrscht.
Jon Kabat-Zinn nannte sein Einführungsbuch zur Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) „Full Catastrophe Living“, das Leben als volle Katastrophe. Ein Patient hatte in einer Therapiegruppe geäußert, dass das Leben doch die volle Katastrophe sei, was bei allen große Zustimmung fand.
Chögyam Trungpa meinte, man solle den spirituellen Entwicklungsweg nicht für eine geführte Pauschalreise halten und deutet damit an, dass emotionaler Schmerz auch das Potential von Entwicklung in sich trägt, ja Entwicklung ohne ihn kaum möglich ist.
Noch deutlicher drückt es Thich Nhat Hanh aus: „I knew early on, that finding truth is not the same as finding happiness. You aspire to see the truth, but once you have seen it you cannot avoid suffering, otherwise you have seen nothing at all.“
Das Leben ist in der Tat sehr oft die volle Katastrophe. Auch ich hätte in Jon Kabat-Zinns Therapiegruppe heftig genickt. Und der Wunsch nach einer geführten Pauschalreise ist für mich mehr als verständlich: Morgens aufzuwachen, die Sonne scheint ins Zimmer, und alles ist wieder gut. Oft ist es das nicht, und Traumata verfolgen uns wie der ewige Nachhall in einer Echokammer… Manchmal über Jahre. Und ohne, dass wir etwas falsch machen würden. Es braucht dann eben diese Zeit, um wieder heil zu werden, um Heilung zu erfahren.
Die Katastrophen des Lebens sind zumeist zwischenmenschlicher Natur. Und sie begegnen uns in Form von Krankheit und Verlust.
Menschen in Krisen fühlen sich gescheitert. Das Gefühl, die ganze Welt erobern zu können, weicht dem Empfinden, der Welt nicht zu genügen.
Matthieu Ricard nimmt Bezug auf Eckhart Tolle und seinen Begriff „Schmerzkörper“, den er als alternative Abgrenzung des Egos bezeichnet, wenn die Illusion von Grandiosität, die Illusion, man hätte alles unter Kontrolle, gescheitert ist: „C’est ce qu’Eckhart Tolle appelle le « corps de souffrance ». Lorsque l’ego échoue dans sa quête de triomphe, il se reconstitue une identité en devenant une victime. Cette permutation lui permet de cristalliser une nouvelle forme d’existence et de distinction entre « moi » et l’« autre ». Il se dit que : « Tout le monde est contre moi » et se forge ainsi une « niche » où il peut se retrancher, une identité à laquelle il peut se raccrocher.“ (André, Jollien & Ricard, 2019).
Schmerzkörper sind, verhaltenstherapeutisch betrachtet, dysfunktionale Coping-Strategien (Bewältigungsversuche) im Umgang mit den Katastrophen des Lebens. Tolle schreibt: „Einige Schmerzkörper sind sehr unangenehm, aber relativ harmlos, so etwa wie ein kleines Kind, das nicht aufhören will zu jammern. Andere sind bösartige und destruktive Monster, wahre Dämonen. Einige sind körperlich, viele sind emotional gewalttätig. Einige neigen dazu, Menschen in deiner Nähe anzugreifen, während andere dich selbst, ihren Wirt, angreifen.“ (Tolle, 2003)
Daraus resultieren verschiedene Störungsbilder: Depressionen oder Ängste. Selbstverletzung oder die Unfähigkeit, Wut und Aggression zu kontrollieren.
Wir sind alle Menschen. Wir werden alle von den gleichen Katastrophen heimgesucht. Wir versuchen alle, diese Katastrophen zu bewältigen, auch wenn wir hierfür nicht immer den besten Weg finden. Jeder Lösungsversuch verdient Anerkennung und Wertschätzung (Gunther Schmidt).
Und in der Therapie geht es darum, bessere und befriedigendere Wege zu finden. Manchmal auch erst einmal nur darum, Halt zu finden…